kennt ihr das schon?

Re: Re: schwieriges Thema

Original geschrieben von sam

...einem bedauerlichen betriebsunfall in der deutschen geschichte...

So nennt man heute also Verfolgung, systematischen Massenmord, Genozid und Weltkrieg. Ein Betriebsunfall. Kann ja mal passieren, wenn man einen Moment nicht aufpaßt. Dann ist ja alles klar. Genau deswegen bin ich nicht im geringsten stolz, Deutscher zu sein.

Kaprolactam
 
Re: Re: Re: schwieriges Thema

Original geschrieben von Kaprolactam
So nennt man heute also Verfolgung, systematischen Massenmord, Genozid und Weltkrieg. Ein Betriebsunfall. Kann ja mal passieren, wenn man einen Moment nicht aufpaßt. Dann ist ja alles klar. Genau deswegen bin ich nicht im geringsten stolz, Deutscher zu sein.
das zitat nicht nicht von mir, sondern von einem schriftsteller, der mir gerade entfallen ist...
ausserdem ist man sicher nicht auf dieses ereignis stolz, wenn man meint man sei stolz auf seine nationalität...
ein ami sagt ja auch nicht "ich bin stolz ein ami zu sein, weil wir in vietnam so viele leute gemetzelt haben"...
ausserdem bin ich der letzte, der für die geschehnisse um 1940 was kann...

edit: es war Jürgen Steinle ...nicht verzagen, google fragen ;)
 
Und wird es richtiger dadurch daß es ein Schriftsteller von sich gegeben hat? Das wage ich zu bezweifeln.
Und es kommt nicht darauf an, ob du was dafür kannst, daß es das 3. Reich gegeben hat, das ist sicherlich nicht der Fall, sondern daß es nötig ist, immer und zu jeder Zeit was dagegen zu können, daß sowas wieder passiert. Und dazu gehört eben auch, daß man die Geschichte nicht vergißt.
Eine Portion Retrospektive wäre im Übrigen für die Amerikaner auch nicht verkehrt. Die haben auch ordentlich Dreck am Stecken und mühen sich nach Kräften, das noch zu steigern. So gesehen stehen wir sicherlich nicht alleine mit unserer düsteren Vergangenheit. Allerdings hat das Unrecht und Leid, das die Deutschen 1939-45 über die Welt gebracht haben eine besondere, man könnte auch sagen in seiner Grausamkeit und in seinem Kalkül unerreichte, Dimension und das sollte uns die wir in diesem Land leben, bei aller Distanzierung von diesem Regime auch bewußt sein. Wir können uns von diesem schweren Erbe nicht lossagen, und das ist auch gut so.

Ein interessanter Aspekt an deinem vorletzten Posting ist mir gerade erst aufgefallen:
Diejenigen die dem patriotischen Getöse kritisch gegenüberstehen sind also die Deppen, während das 3. Reich nur ein Betriebsunfall war. Eine Interessante Gewichtung nimmst du da vor, das muß ich schon sagen. Versteh mich nicht falsch, ich will dir keinen Antisemitismus unterstellen, ich würde eher von Gedankenlosigkeit bzw. einer (gewollten?) Desensibilisierung sprechen.

Kaprolactam
 
mit "deppen" hab ich eben die leute gemeint, die nationalstolz mit antisemitismus in verbindung bringen...und da ist das wörtchen "depp" noch sehr milde gewählt, weil ich auch einfach auf meine nation(alität) stolz sein kann, ohne die gesamte geschichte meines landes toll zu finden...
"patriotischen Getöse" ist mein satz "ich bin stolz deutsch zu sein" sicher nicht...das wäre maßlos übertrieben.

wir sind uns sicher alle einig, dass die zeit zw. 33 und 45 nicht zu unseren glanzleistungen gehört, aber ich denke nicht, dass man deswegen gleich seinen nationalstolz verlieren sollte...
gut, dass ist jedem selbst überlassen, aber jemandem der diesen stolz noch besitzt gedankenlosigkeit vorzuwerfen ist auch nicht wirklich richtig...

das würde jemand, der diese zeit selber erlebt hat sicher anders sehen, aber für mich ist das schlichtweg vergangenheit.
es war ein fehler, aber sicher keiner, für den ICH mich schämen müsste...

mir würde auch spontan nichts einfallen, was ich dagegen unternehmen könnte...
ich sehe in der cdu/csu keine zweite nsdap (wie das hier auf dieser tollen seite dargestellt wird)...
da kann ich übrigens vitalis nur zustimmen: die gesamte rede drumherum würde sicher mehr klarheit bringen als diese sätze, die völlig aus dem zusammenhang gerissen sind.
 
Ich finde es liegt daran, wie man den satz bildet. Ich bin stolz auf deutschland, weil es sich zu einem sozialen International angesehenen Staat entwickelt hat - Der Satz "Ich bin stolz deutscher zu sein" wird hingegen gerne in der rechtspopulistischen szene verwendet und ist deshalb mit vorsicht zu genießen - und um auf die Zitate zurückzukommen. Wenn ein deutscher politiker diesen Satz von sich gibt ist das auf jedefall immer falsch, da er davon ausgehen muß das er damit rechtes gedankengut aufwühlt und rechtsradikale Stimmen fängt

Was nichts damit zu tun hat, das jeder mensch in deutschland auf das land in dem er lebt auch stolz sein darf
 
Nenn mich einen Deppen oder schlimmeres, aber für mich ist Antisemitismus definitiv mit Nationalstolz verknüpft. Antisemitismus setzt die Überzeugung voraus, überlegen zu sein. Und für diese Gewißheit stellt der Stolz auf sein Land einen fruchtbaren Nährboden dar. Um bei dieser Metapher zu bleiben: ob letztendlich die richtigen (bzw. eben die falschen) Samen auf diesen Nährboden fallen, ist nicht festgelegt, aber Xenophobie ergibt keinen Sinn ohne eine wie auch immer geartete Umgebung in der man sich heimisch und unter seinesgleichen fühlt, denn ohne Heimat gibt es auch keine Fremden. Und was liegt näher als diese Umgebung toll zu finden.
Ich persönlich bin der Überzeugung daß das Gros der Deutschen definitiv nicht meinesgleichen ist, und ich bin verdammt froh drüber, wenn ich mich so umsehe. Und das ist mitnichten nur auf die Zeit zwischen 33 und 45 zurückzuführen, da gibt es noch ne ganze Latte anderer Gründe.

Und abermals zeigst du daß du nicht verstanden hast, worum es mir geht. Das dritte Reich als "keine Glanztat" zu bezeichnen ist ein völlig deplazierter Euphemismus. Damit wirkt die Geschichte gleich viel ansehnlicher. "Ach ja, da war ja noch der zweite Weltkrieg, das war ein bedauerlicher Betriebsunfall. Keine Glanztat, aber ist ja schon lange vorbei." Und hier liegt die Inkonsequenz. Wenn man denn stolz ist auf sein Land, dann darf man auch die weniger angenehmen Aspekte nicht einfach beiseite schieben. "Ich bin stolz, ein Deutscher zu sein. Außer auf Düsseldorf, das finde ich blöd. Aber ich bin ja auch nicht aus Düsseldorf. Und gegründet hab ich die Stadt auch nicht." Klingt komisch, oder? Man kann die Teile der Geschichte eines Landes genausowenig ausklammern wie man das mit geographischen Teilen machen darf. Und genau deswegen sollte meiner Meinung nach der Begriff 'Nationalstolz' mit Bedacht verwendet werden. Wegen mir könnte man das Konzept Patriotismus sowieso getrost abschaffen. Warum immer Stolz? Stolz ist so eine hohle Phrase, ein angestaubtes Relikt aus alten Zeiten, genau wie die 'Ehre'. Was ist denn Stolz? Das ist nach meinem Dafürhalten die blasierte Version der Freude, mit einer unübersehbaren eitlen Färbung und einer Menge ideologischem Ballast. Stolz duldet keinen Zweifel, keinen Widerspruch. Entweder man ist stolz, oder man ist es nicht.
"Ich bin froh, in Deutschland zu leben" das klingt doch gleich ganz anders. Diesen Satz würde ich sogar unterschreiben. Deutschland mag kein Schlaraffenland sein, doch es ginge noch wesentlich schlimmer.

Um thematisch noch die Kurve zu kriegen: Ich habe Stoiber schon live gesehen, und ich habe mir Reden von ihm angehört, zum politischen Aschermittwoch z.B. oder beim Starkbieranstich am Nockherberg. Diese Sachen werden außerhalb Bayerns nicht so sehr bekannt. Mittlerweile werden sie innerhalb Bayerns schon nicht mehr so an die große Glocke gehängt, und das auch nicht ohne Grund. Und was da vegetativ aus den feinen Herren der CSU und auch den gastierenden CDU-Politikern herausquillt, davon wird dem demokratisch eingestellten Bürger kotzübel. In dieser alkoholgeschwängerten Atmosphäre wird ereifert und polemisiert, da werden Phrasen gedroschen, die einer Partei die den Bundeskanzler stellen will absolut nicht würdig ist. Und wenn man sowas mitkriegt, dann kommt einem der Vergleich mit der NSDAP gar nicht mehr soo absurd vor...

Kaprolactam
 
Recht hat er, wenn ich diese Bierzeltreden mit dem zappelnden, schreienden Stoiber sehe, Wut und Hochmut in seinem Gesicht, dann stelle ich mir vor wie das in Schwarz-Weiß mit einem leichten Knistern auf der Videospule und vereinzelten weißen Streifen im Bild wirken würde...

Aber nochmal kurz zum Stolz:
Wie kann man auf was stolz sein, wozu man nichts beigetragen hat? Wie schon richtig gesagt wurde, froh könnt ihr alle sein hier zu leben, statt in Eritrea oder Mogadischu, aber stolz?
Genau so ist es mit den Verbrechen unserer Vorfahren, bedauern kann man es, aber man ist es nicht schuld.
Stolz und Schuld erforden an etwas teilgehabt zu haben!
 
natürlich ist es richtig was du sagst, aber nationalstolz ist doch nicht immer mit antisemitismus verknüpft...jedenfalls nicht nach meiner definition.
ein nährboden dafür ist das sicher, aber ich denke nicht, dass man pauschal sagen kann, dass jeder, der sagt, dass er stolz auf seine herkunft ist gleich damit meint, dass er antisemitisch eingestellt ist, oder ähnliches...
"Ich bin froh, in Deutschland zu leben" trifft das was ich damit sagen wollte schon eher, aber ist eben nicht alles...
stolz ist vielleicht zuviel des guten, aber ich freue mich einfach ein teil eines gut funktionierenden staates zu sein, und brauch mich damit nicht verstecken...
wir haben essen, ein dach überm kopf, und arbeit (nicht alle, aber viele...)
so in der richtung meinte ich das...
dass hier manche gleich antisemitismus oder ähnliches in meine worte hineininterpretieren kann ich ja nicht ahnen...

auch das wort glanzleistung brauchen wir hier nicht in hinsicht auf tiefere bedeutung oder gewichtung auseinandernehmen... du weisst ganz genau was ich damit gemeint habe.

zu den reden und saufgelagen der kollegen von der cdu kann ich nichts sagen, da war ich noch nie dabei.
ich glaub dir, was du sagst, aber wenn man jeden, der "stolz" (man beachte die anführungszeichen!) auf sein land ist mit diesen leuten in eine schublade steckt, dann stimmt da aber was nicht...

so, und jetzt muss ich mal schluss machen, sonst fressen mich meine eltern wegen den onlinekosten noch auf :rolleyes:
 

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