Oha, hier ging es ja hoch her. Hm, ich frage mich, ob ich mich zulaufen lassen sollte, damit ich die erste Reaktion von Dir, Anesthetic, *nicht* als feindselig werte. Nun denn – wollen wir mal versuchen es freundlich zu lesen, was zugegeben recht schwierig erscheint, nicht wahr?
Also denn. Ich mag „viel fachgesimpelt daherquatschen“, aber vielleicht ist „viel fachgesimpeltes Dahergequatsche“ ja auch ein wenig „fachgesimpelt“ nützlicher als ein Kommentar der Art „eh, alde, goilez bild, ey, 5* 111“ – das ist zumindest meine Ansicht dazu, mag ja sein, dass Du das anders siehst. Dann halte ich mich in Zukunft mit derart zeitaufwändigen Kommentaren zurück.
Zum Thema „es nutzen aber doch ALLE diesen Farbton zum Colorieren von Haut“ – Ahso: und nur weil das alle machen ist es gleich ganz toll oder wie? (Und noch mal zu den 1000 Künstlern später, die Du alle kennst – Name, Adresse, Telefonnummer ?)

Aber wir wollten ja sachlich bleiben: Gelungene Coloration hängt nicht davon ab, ob eine Farbe generell im Ton geeignet ist, sondern ob sie stimmig im Bild ist. Ein „Künstler“ sieht zum Beispiel, dass ein Gesicht in einem blauen Raum nun mal nicht „rosig“ ist oder dass es an einem kalten, wolkenverhangenem Wintertag anders "farbig" ist als in lauschiger Sommersonne auf grüner Flur.
Ein Künstler sieht auch, dass die Person gerade eine Rote Nasenspitze hat, und leicht fahle Augenringe, weil die Nacht wieder kürzer war. Er sieht, dass aufgrund des Buches, dass sie Gerade ließt, grüngelbliche Schattierungen über das Gesicht huschen, weil die Buchseiten das Licht ein wenig reflektieren, vielleicht wird das Gesicht aber auch vom blauen Pullover „angestrahlt“ und hat so wieder eine andere Farbe.
„Die Haut ist mit dem Schweinchenrosa auch zu unspannend.“ sagt somit genau das aus, was es aussagen soll: Nur weil sich eine Farbe als Hautfarbe geeignet erweist ist es noch lange nicht die Richtige bzw. sollte nicht "flächendeckend" für die komplette Haut verwendet werden.
Es ist schön, dass Du so viele Künstler kennst, die eine Symbiose zwischen westlichem und asiatischen Zeichenstil finden wollen. Und sofern es Dich interessiert: ich gehöre auch zu ihnen. In Deinem Fall kann es mich nur nicht überzeugen, so ist das eben. Das liegt daran, dass die meisten Anime-Figuren ohnehin schon Stupsnasen haben – diese nun auch noch verbreitert, wirkt für mich irgendwie verschoben - ja richtig: es ist halt mein Geschmack.
„Mein Gott dir gefällt es nicht, aber das soll ja wohl MEIN kleinstes Problem sein oder? Geschmäcker sind Gopttseidank verschieden, und dass wir nicht den selben haben, dafür danke ich Gott jetztschonmal.“

Eine gelungene Argumentation - findest Du nicht? Heißt das jetzt, nur weil ich nicht den selben Geschmack wie Du habe, darf ich meine Meinung nicht äußern? Ist das sinnvoll? Hätte ich den gleichen Geschmack in allen Dingen wie Du, würde ich doch gar nicht Kritik üben, oder? Der Satz oben entbehrt jedenfalls jeglichen argumentativen Nutzens und ist allenfalls als Beleidigung zu sehen wie "Du hast einen Geschmack" oder "Du hast hier überhaupt nichts zu melden" oder "ich kann Dich gar nicht ab" – soviel zum Thema: „ich diskutiere gerne heftiger.“
Diskussionen bestehen doch zum Großteil aus Argumenten und Gegenargumenten, insofern sind wir uns hoffentlich einig. Wenn Du zum Beispiel meinen Kritikpunkt, die Haare seien am Haaransatz nicht ganz so fein ausgearbeitet wie die restlichen, damit quittierst, dass Du mich auf die anderen fehlerhaften Bilder verweist, so kann ich doch nur den Kopf schütteln. Das heißt doch dann so viel wie:
„Ich weiß, dass die Haare da blöd aussehen und ja, ich hätte das besser machen können, aber weißt Du was: die anderen machen das ja auch nicht und kriegen trotzdem viele Punkte von den anderen. Deshalb kann ich mir solche Arbeit ja ohnehin sparen“ Ist das wieder eine legitimierte Nachlässigkeit aufgrund der anderen? Wenn vor Dir zehn Autos bei Rot über die Ampel fahren und Du hinterdrein und die Polizei nun gerade Dich dabei beobachtet und erwischt, zeigst Du dann auch mit dem Finger auf die anderen? Ich als Polizist würde wohl sagen: Das mag ja alles sein, aber tut mir leid, bei Ihnen habe ich leider gerade hingesehen.
Und mal ehrlich: kann ich denn bedenken, was Dein Scanner auffrisst und was nicht? Ich kann nur das kommentieren was ich sehe – und ich sehe da keine „Äderchen“ aber Schmetterlingsflügel weisen in der Regel ja auch noch andere Muster auf, nicht? Ich könnte weiterharken und fragen: Hey, warum denn keine Augenflecken, dunkle Ränder, oder andere Muster wie man sie bei Schmetterlingen nun mal sieht. Sind die auch da und der Scanner hat sie getilgt? Vielleicht, aber dann kann man sowas auch dazuschreiben: „der Scanner hat leider die Details der Flügel aufgefressen“ – dann würden alle nicken und sich denken: ja, diese XYZ#-Scanner, nie scannen sie so wie sie sollten.
Wo wir gerade dabei sind: Kann irgend jemand den Nagellack im Hintergrund erkennen? Also ich nicht. Wenn ich es nun nicht besser wüsste, würde ich auf Arcylfarbe tippen, aber nun ja, vielleicht bin ich auch nur zu blind sowas aus einem Scan zu „erdenken“...
Schlussendlich: Wenn ein Kritiker zum Pianisten sagt: tut mir leid, aber im letzten Teil da haben sie irgendwie ein paar Töne nicht getroffen, was würde es da für einen Sinn machen, wenn der Pianist schnippisch zurückgibt: Sie haben ja gar keine Ahnung, wie schwierig das ist, spielen sie doch erst mal selbst besser.
Oder wenn die Kinder der Mutter sagen: „Du, Mama, das Essen schmeckt heute überhaupt nicht.“ Würde eine Mutter dann sagen: "Ja, kocht doch erst mal selbst besser". Darf ein Filmkritiker einen Film nicht dennoch für schlecht empfinden, auch wenn er selbst keine Filme dreht? Ich denke schon.
Und wenn Du zu einem Verlag rennst und fragst: "He, wie sieht‘s aus, möchtet ihr meine Comics drucken?" Und die nur bedauernd den Kopf schütteln und sagen: "Tut uns leid, Du bist noch nicht so weit", dann kannst Du auch nicht sagen: Zeichnet doch selbst erstmal besser.
Oder willst Du einem 12jährigen einen Vorwurf machen, wenn er sich für „Last Exile“ anstelle von „DragonBallZ“ entscheidet, einfach weil er findet, dass es besser aussieht, obwohl er weder Dragonball noch Last Exile-Figuren zeichnen kann? Wohl kaum.
Kritik an den Kritikern ist immer so eine Sache, aber selbst wenn ich nicht so gut Zeichnen könnte wie Du, dürfte ich doch trotzdem meine Meinung zu Deinem Bild haben und das kritisieren, was mir negativ auffällt.
Berechtigte Zweifel an einer Kritik, an ihrer Fairness oder Objektivität ist eine Sache, aber Maulverbot aufgrund von Fähigkeiten aussprechen – zwei verschiedene Paar Schuhe. So das soll meine Kritik an deiner Kritik an meiner Kritik gewesen sein und einfach noch mal ein paar kurze, zum Teil sehr bitterböse Statements aufzeigen. Da Du viel von dem was Du geschrieben hast – zu Deinem Glück – bereits relativiertest („war ja gar nicht so gemeint“) ist vieles von dem oben einfach nur mit einem süffisanten Grinsen verfasst worden. Zwar durchaus ernst gemeint, aber sicherlich an der ein oder anderen Stelle bewusst überspitzt.
Kommen wir also letztlich zu dem Punkt, ob ich „was drauf habe“ oder nicht. Kurz: ich habe keine Ahnung. Also habe ich eine kurze Vorzeichnung angefertigt, die ich eigentlich noch formulieren wollte, allerdings erwies sich schon die Vorzeichnung als derart miserabel, dass ich das wohl lieber lasse. Nichtsdestotrotz habe ich Deine „Herausforderung“ angenommen und hier ist eben diese meine (vorläufige) (schlechte und schmuddelige) Vorzeichnung / erste Skizze:
Grüße
bir
PS: Vielleicht sollten wir uns demnächst bei Kaffee und Kuchen "harsch" unterhalten, das wirkt dann doch harmonischer - oder so...